Waffengesetz: Auf dem Spiel steht das Fundament
unserer freien Gesellschaft

Es gibt drei Schutzmechanismen, die sich quer durch die Geschichte hindurch als wirkungsvoll für die Verhinderung von staatlicher Willkür und Menschenrechtsverletzungen erwiesen haben: Die Gewaltentrennung, das Recht auf freie Meinungsäusserung und das Recht auf privaten Waffenbesitz. Alle drei dieser Schutzmechanismen waren in der Schweiz immer ausserordentlich gut ausgebaut. Die machtbegrenzende Wirkung der Gewaltentrennung wird in der Schweiz durch das Referendums- und Initiativrecht verstärkt. Sogenannte „Hate-Speech“-Zensur wie etwa in Deutschlang gibt es bei uns nicht. Und jede gesetzestreue, psychisch nicht akut auffällige Bürgerin konnte in der Schweiz immer so viele handelsübliche Waffen und Munition dazu kaufen, wie sie wollte. Mit der vom Parlament beschlossenen Übernahme der EU-Waffenrichtlinie würde der Erwerb und Besitz von handelsüblichen Waffen grundsätzlich verboten. Für Schützen, die dem Staat ein Bedürfnis für den Besitz einer Waffe nachweisen können (das heisst, die sich gegenüber den Behörden erfolgreich rechtfertigen können), verspricht der Bund zwar Ausnahmebewilligungen.

Erstens ändert dies aber nichts daran, dass der Zugang zu Legalwaffen prinzipiell auf die Organe des Staates beschränkt würde und die Bürger ihr Recht auf Waffenbesitz verlören. Und zweitens würde es diese Ausnahmebewilligungen auch für Schützen bald nicht mehr geben. Artikel 17 der EU-Waffenrichtlinie enthält nämlich einen Kontroll- und Evaluationsmechanismus, bei dem es sich de facto um einen automatischen Verschärfungsmechanismus handelt. Schon bei der Erarbeitung der jetzigen Richtlinie konnte der Bundesrat – und zwar gemäss seinen eigenen Angaben (!) – ein ausnahmsloses Verbot für Halbautomaten (d.h. für fast aller Waffen) für Private nur knapp abwenden. Bei der nächsten Verschärfung wird ihm das dementsprechend nicht mehr gelingen, und deshalb bedeutet ein Ja am 19. Mai, dass Sturmgewehre, Pistolen etc. in wenigen Jahren vom Staat eingezogen werden.

Die Behauptung, die Annahme dieses Gesetzes sei nötig zur Bekämpfung von Terror oder zur Verhinderung von Missbrauch, ist lächerlich. Die islamistischen Terroranschläge, die die EU zur Legitimation ihrer Richtlinie vorschiebt, wurden allesamt mit illegal beschafften Waffen begangen. Und was die Notwendigkeit zu einer verstärkten „Missbrauchsverhinderung“ anbelangt, verweise ich gerne auf Bundesrätin Karin Keller-Sutter. An der Pressekonferenz vom 14. Februar, an welcher sie für die Gesetzesverschärfung argumentierte, räumte sie einleitend unverblümt ein: „Es gibt in der Schweiz vergleichsweise viele Waffen; trotzdem gibt es kaum Probleme, man staunt in vielen Teilen der Welt darüber.“ Der einzige Grund, weswegen sich im Parlament eine Mehrheit für diese Gesetzesrevision gefunden hat, ist eine regelrechte Hysterie bezüglich Schengen. Seit wir anfangs Oktober Unterschriften für das Referendum zu sammeln begannen, warnen die Befürworter des neuen Waffengesetzes tagein, tagaus vor den angeblich höchstdramatischen Folgen eines Ausschlusses der Schweiz aus dem Schengen-Raum. Bis heute haben sie aber noch nicht einmal den Ansatz einer Erklärung geliefert, wieso es überhaupt im Interesse der EU sein sollte, der Schweiz das Schengen-Abkommen zu kündigen. Stattdessen verbreiten sie die Falschbehauptung, ein Nein am 19. Mai führe automatisch zur Kündigung des Abkommens. Das ist eine reine Angstmacherei.

Die Schengenstaaten hätten kaum ein Interesse daran, aus der Schweiz einen weissen Fleck ohne kriminaltechnischen Datenaustausch mitten im Schengeraum zu machen. Die EU hat auch absolut kein Interesse, dass die 300'000 Grenzgänger plötzlich an der Grenze wieder kontrolliert und dass auf die über 100 Mio Franken aus der Schweiz verzichtet würden. Die Schengen-Hysterie ist genauso wenig ein Grund, das Recht auf Waffenbesitz aufzugeben, wie sie ein Grund wäre, das Recht auf freie Meinungsäusserung abzuschaffen. Ein Ja am 19. Mai bedeutet den Verbleib in Schengen unter Opferung eines der wichtigsten Freiheitsrechte überhaupt. Ein Nein am 19. Mai bedeutet den Verbleib in Schengen unter Bewahrung des Fundamentes unserer freien Gesellschaft.

Mülchi, 15.4.19
Werner Salzmann
Nationalrat